Militarisierung - Baustein notwendiger Abschreckung?

Die militärischen Bausteine einer vermeintlich notwendigen Abschreckung haben die gegenwärtige kriegerische Auseinandersetzung nicht verhindert. Vielmehr zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass bewaffnete Konflikte langfristig nicht zu mehr Demokratie oder Frieden führen. Auch die aktuellen Erfahrungen in Afghanistan, Mali und Libyen zeigen, dass Frieden nicht durch Krieg erreicht wird.

 

 

Die Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine wirft Fragen auf.

Wie viele Milliarden € müssen in die Aufrüstung gesteckt werden, um dauerhaft Frieden herzustellen?

Bislang sind es lt. SIPRI 52,8 Milliarden in Deutschland und 342 Milliarden Dollar in Europa. Die USA allein geben über 778 Milliarden Dollar für Rüstung aus.
Soll die Anhebung der deutschen Rüstungsausgaben auf 2 % des BIP bzw. die jetzt beschlossenen 100 Mrd. € für die Bundeswehr einen dauerhaften weltweiten Frieden wahrscheinlicher machen?

Sind neue deutsche Trägersysteme für die in Deutschland gelagerten US-Atombomben notwendig? Versprechen bewaffnete Kampfdrohnen (siehe die Exekution von General Syleiman im Irak 2020) einen Sicherheitsgewinn? Eine im Grundgesetz festgeschriebene permanente militärische Aufrüstung?!   

Wird die 4,5 Mrd. € teure FCAS - Aufrüstung eines europäischen Militärverbunds ein Mehr an Sicherheit bringen?


Weltweit geben wir derzeit jährlich fast 2 Billionen US-Dollar für Rüstung aus. Das ist der größte Anstieg der der weltweiten Volkswirtschaften durch die Aufrüstung seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise in 2009.

Konnten wir einen daraus resultierenden Sicherheitsgewinn erleben?
Aktuell erlebt man, dass eine Kritik an der Rüstungspolitik der Regierung – diese Meinungsfreiheit, die doch gerade als Synonym für unsere „westlichen Werte“ gilt – bei uns als beleidigend wahrgenommen wird.

Es entsteht im Land eine Polarisierung und verbal-aggressive Auseinandersetzung. Auch hier kommt ein Schwarz-Weiß-Denken zum Ausdruck, das nur noch Gut und Böse sieht. Das politische Vokabular kennt keine Zwischentöne mehr. Aufrüstung wird zur Ultima Ratio und blendet negative, aufrüstungsbedingte Klimafolgen komplett aus.
Die jetzt beschlossenen 100 Mrd. Euro für die Rüstung werden den Klimawandel beschleunigen und heute bereits knappe Ressourcen verbrauchen. Dieses Geld wäre mit Sicherheit besser in die Dämpfung des Klimawandels investiert. Für den Ukraine-Krieg haben sie keine Bedeutung mehr.


Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der russischen Führung bringt nicht nur Tod und Verzweiflung in die Ukraine. Bereits jetzt ist absehbar, dass der Preisanstieg für Weizen neue Aufstände in Nordafrika und dem Nahen Osten hervorrufen wird. Eine ebenfalls, im Rahmen des Klimawandels absehbare Wasserknappheit wird zu weiteren Konflikten führen. Die Anzahl von Flüchtlingen wird massiv steigen.
Sind wir für diese Entwicklung gewappnet, indem wir weltweit an der Rüstungsspirale drehen und uns auf militärische Auseinandersetzungen fokussieren?
Die Rückwirkungen der nicht-militärischen Sanktionen auf die deutsche Wirtschaft belegen doch gerade die massive Wirkung auf Russland (Staatspleite; DZ vom 10.03.).
Wir sollten den Versäumnissen der Vergangenheit entgegenwirken und der Diplomatie (und sei es über Gerhard Schröder) unbeirrt eine Chance geben. Wir sollten uns auf die KSZE-Charta von Paris besinnen und weiterhin eine Sicherheitspartnerschaft für ein gemeinsames Europa suchen.